Fragen und Antworten zum Nachbarschaftsraum
In unserer Landeskirche und in unserem Dekanat finden sich die Kirchengemeinden zu Nachbarschaftsräumen zusammen, die eng zusammenarbeiten. Warum kann nicht einfach alles so bleiben, wie es ist?
Zum einen, weil die Mitgliederzahlen sinken, zum anderen, weil auch in der Kirche die Fachkräfte knapp sind. Es fehlt an Pfarrerinnen und Pfarrern. Viele Organisationen leiden darunter, dass sich Menschen nicht mehr fest binden. Das betrifft Vereine, Feuerwehren, Parteien und Gewerkschaften, aber auch die Kirche. So sind die Mitgliederzahlen im Dekanat an der Dill von rund 70 000 im Jahr 2013 auf rund 53 000 im Jahr 2018 zurückgegangen. Zugleich wird es immer schwieriger, Pfarrstellen neu zu besetzen. Viele Pfarrerinnen und Pfarrer gehen in den Ruhestand, es fehlt aber an Nachwuchs. Das hängt auch damit zusammen, dass in den heutigen Strukturen die abnehmenden Mitgliederzahlen die kirchliche Arbeit sehr erschweren. Wo eine Gemeinde derzeit zum Beispiel eine ganze Pfarrstelle hat, wird es in Zukunft womöglich nur noch für eine halbe oder eine dreiviertel Pfarrstelle reichen. Das ist für die Pfarrerinnen und Pfarrer, aber auch für die Gemeinden keine gute Perspektive.
Warum sind Nachbarschaftsräume eine Antwort darauf?
Ein wichtiger Vorteil ist, dass die Pfarrerinnen und Pfarrer im Team zusammenarbeiten, sich in ihren Aufgaben und Begabungen ergänzen und sich gegenseitig vertreten können. Und: Jeder muss nicht mehr alles machen. Das vermeidet Doppelarbeit. So kann zum Beispiel die Konfirmandenarbeit für den ganzen Nachbarschaftsraum angeboten werden. Die Teamarbeit wird von den Pfarrerinnen und Pfarrern ausdrücklich befürwortet. Sie entspricht auch dem, was in der Arbeitswelt längst üblich ist. Einzelkämpferinnen und -kämpfer gibt es auch in Betrieben, Schulen und in der Verwaltung so gut wie nicht mehr.
Gibt es weitere Vorteile der Zusammenarbeit?
Sehr viele. So können zum Beispiel Gemeindehäuser gemeinschaftlich und damit effizienter genutzt sowie Gruppen, Kreise und Veranstaltungen für den ganzen Nachbarschaftsraum angeboten werden. Ein weiterer Vorteil ist ein gemeinsames Gemeindebüro, das nicht nur stundenweise, sondern möglichst durchgehend erreichbar ist.
Bis zum Jahresende 2026 werden die Nachbarschaftsräume in eine feste rechtliche und organisatorische Struktur überführt. Was bedeutet das konkret?
Dafür gibt es drei Modelle. Bei einer Fusion schließen sich alle Kirchengemeinden zu einer großen Gemeinde zusammen. Bei einer Gesamtgemeinde bleiben die Kirchengemeinden selbständig, bilden aber einen gemeinsamen Kirchenvorstand. Ausschüsse auf lokaler Ebene sind für die Angelegenheiten vor Ort zuständig. In einer Arbeitsgemeinschaft arbeiten die Kirchenvorstände zusammen unter Leitung eines Ausschusses, der die Zusammenarbeit koordiniert und für bestimmte gemeinsame Angelegenheiten – z. B. Personal und Gebäude – zuständig ist. Es sind auch bestimmte Mischformen möglich, zum Beispiel eine Gesamtgemeinde und eine fusionierte Gemeinde unter dem Dach einer Arbeitsgemeinschaft.
Wer hat diese Modelle vorgegeben?
Beschlossen hat das die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), also das „Kirchenparlament“. Unsere Landeskirche ist nach demokratischen Prinzipien verfasst.
Wer gehört zu unserem Nachbarschaftsraum?
Das sind die Kirchengemeinden Herborn, Ambachtal, Herbornseelbach, Ballersbach, Bicken, Offenbach und Siegbach. Herborn, Ambachtal und Herbornseelbach arbeiten schon seit einigen Jahren intensiv zusammen und haben ein gemeinsames Gemeindebüro. Auch Ballersbach, Bicken, Offenbach und Siegbach kooperieren eng miteinander und sind freundschaftlich verbunden. Beide Gebiete erreichen zusammen eine optimale Größe und sind deshalb inzwischen gemeinsam als Nachbarschaftsraum unterwegs. Insgesamt wird es im Dekanat an der Dill fünf Nachbarschaftsräume für derzeit 36 Kirchengemeinden geben.
Wie ist die Zusammenarbeit organisiert?
Alle Gemeinden unseres Nachbarschaftsraums haben einen Kooperationsvertrag abgeschlossen, der zum 1. Juli 2023 in Kraft trat. Wir verstehen uns als Gemeinde Gottes an unterschiedlichen Orten und in dieser Haltung arbeiten wir gemeinsam. Die Zusammenarbeit und das Zusammenwachsen im Nachbarschaftsraum werden durch eine Steuerungsgruppe koordiniert (siehe unten). Die Pfarrstellen sind dem ganzen Nachbarschaftsraum zugeordnet, es gibt gemeinsame Pfarrteamsitzungen.
Gehört auch weiterhin zu jedem Kirchort eine Pfarrerin oder ein Pfarrer?
Das ist so und das bleibt so. Jede Pfarrerin und jeder Pfarrer betreut auch weiterhin vor Ort ihren oder seinen Seelsorgebezirk.
Was tut die Steuerungsgruppe für unseren Nachbarschaftsraum konkret und wie setzt sie sich zusammen?
Die Steuerungsgruppe besteht aus bis zu zwei gewählten Mitgliedern der einzelnen Kirchenvorstände, wobei die Kirchengemeinden, die mehrere Orte umfassen, für jeden Ort eine Person entsenden können. Hinzu kommen die Pfarrerinnen und Pfarrer. Die Steuerungsgruppe koordiniert die Zusammenarbeit und berät über die anstehenden Fragen wie zum Beispiel die künftige Rechtsform des Nachbarschaftsraums. Die Entscheidung über die Empfehlungen der Steuerungsgruppe treffen dann die Kirchenvorstände der einzelnen Gemeinden. Die Kirchengemeinde Herborn wird in der Steuerungsgruppe von Pfarrerin Claudia Sattler und von Carsten Hänche vertreten.
Noch Fragen?
Fragen Sie gerne! Claudia Sattler und Carsten Hänche stehen Ihnen gerne zur Verfügung. Schauen Sie auch auf die Website des Dekanats unter ev-dill.de und weiterhin in den Gemeindebrief. Dort wird über aktuelle Entscheidungen und Entwicklungen informiert.
Text: cs/ch